„Work-Life-Balance“ ist ein Bild, das uns heute in die Irre leitet. Was wäre ein besseres?
Ob wir unsere Arbeit als erfüllend empfinden, bestimmen nicht nur unser Wissen oder unser Können. Neben vielen äußeren Faktoren sind dafür auch die Bilder verantwortlich, die uns leiten. Eines dieser Bilder ist das von einem Gleichgewicht aus Arbeit und Leben. Es führt uns zunehmend in die Irre.
„Work-Life-Balance“ beschwört die Vorstellung zweier Sphären, die je geschlossen und sauber voneinander zu trennen wären: Hier die Arbeit, da das Leben. Doch in immer mehr Bereichen greift beides heute ineinander. Wir nehmen Privates mit zur Arbeit (Anruf beim Arzt, Hunde im Büro, WhatsApp-Gruppen) und die Arbeit mit nach Hause.
Dies ist einerseits vor allem eine Folge der Digitalisierung. Im Internet können uns alle unsere Angelegenheiten überall hin begleiten. Andererseits ist es nicht nur das Medium, sondern die Art der Arbeit, die viele von uns erledigen, die eine klare Grenze verwischt: So sind etwa kreative Tätigkeiten ergebnisoffen und wir inkubieren sie über den Feierabend hinaus.
Auch durch die Zunahme von Distributed Work über verschiedene Zeitzonen hinweg erhöht sich die Notwendigkeit, sich von linearen Arbeitsmodellen (Nine-to-five) und einem entsprechenden Mindset zu verabschieden.
Die Frage ist längst nicht mehr, wie man zwei Hälfen balanciert, sondern wie man verschiedene Tätigkeiten integriert und kombiniert. Und diese Integration erfordert neue Filter- und Erholungstechniken. Wichtig hierbei ist: Konzentration, Empathie und Kreativität greifen – beruflich wie privat – auf dasselbe Reservoir an Willenskraft zurück. Ein schonender Umgang mit unseren Energien ist daher nur möglich, wenn wir dieses Reservoir und unsere Gewohnheiten ganzheitlich sehen.
Dies bedeutet insbesondere, dass wir unsere zunächst bloß fragmentierten, kraftraubenden Tage klug strukturieren durch eine nicht-lineare Arbeitsweise. Dabei geht es unter anderem darum, die Gefahren beständigen Multitaskings zu meistern wie auch Stress verstärkendes Mind-Wandering zu verringern.
Warum nicht. | Foto: senivpetro | Freepik.com
Eine konkrete Lösung für diese Herausforderung besteht darin, ein größeres Bewusstsein für die Übergänge zwischen Tätigkeiten zu schaffen: kleine Pausen, Pufferzeiten oder Rituale zum Herauf- und Herunterfahren. Die Umverteilung der Erholungszeit muss dabei auch auf Team- und Unternehmensebene unterstützt werden, zum Beispiel durch die Verkürzung von Meetings auf 55 Minuten oder durch die gemeinsame Festlegung und Berücksichtigung von Fokuszeiten
Eine zweite Lösung besteht darin, synchrone und asynchrone Arbeit so zu koordinieren, dass sich Phasen intensiver Zusammenarbeit abwechseln mit Phasen selbstbestimmter (und idealerweise gebündelter) Reaktion auf eingehende Nachrichten.
Diese Parzellierung von Tätigkeiten sorgt dafür, dass auch dann, wenn Freizeit und Arbeit sich zeitlich verzahnen, beides einander nicht überlappt und lähmt. Ein gelingendes Leben ruht daher heute oft nicht auf einer Balance, oder auf einem „Blending“ der Bereiche, sondern auf ihrer geschickten Integration, die wiederum auf einem holistischen Verständnis unserer Erholungsbedürfnisse fußt.
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