Unterschied Meckern und Kritik

Was unterscheidet Meckern von Kritik?

Was unterscheidet Meckern von Kritik?

„Ich will ja nicht meckern, aber …“ – Wir sind unzufrieden und würden dies gern ausdrücken. Die Frage ist: meckern wir noch oder kritisieren wir schon?

Meckern ist nichts, zu dem wir stehen, weshalb wir höchstens scherzhaft sagen würden: „Darüber will ich erst einmal richtig meckern!“ oder: „Könntest Du bitte ein wenig meckern vorab?“ – Dabei ist schwer zu bestreiten, dass wir alle es tun, zumindest hin und wieder. Und für alles, was wir tun, haben wir Gründe, auch wenn sich diese zunächst unserem Bewusstsein entziehen.

 

Speziell in diesen Gründen unterscheidet sich Meckern von Kritik. Wer meckert, will sich in eine moralisch überlegene Position manövrieren. Ich handle richtig, die anderen falsch: Sie hätten zu spät Infomationen weitergegeben, würden nur an den eigenen Vorteil denken, sich immer aufspielen und ungerechte Entscheidungen treffen.

 

In diesem Versuch, ein Gefälle zu erzeugen, erweist sich Meckern als eine Form des Schuldzuweisens. Dabei sehen sich Meckernde sich ständig in Gefahr: Eine gemeinsame Lösung des Problems könnte das moralische Gefälle glätten. Jede Handreichung, jeder Schlichtungsansatz droht, Augenhöhe herzustellen. Daher weicht Meckern konsequent Lösungen aus. Es ist eine Entrüstungseinbahnstraße.

 

Meckern realisiert sich auch durch die ständige Einnahme einer Opferrolle. Dieses Verhalten wirkt widersinnig, da man dem Anschein nach zum Unterlegenen wird. Tatsächlich ermöglicht diese Rolle, sich durch Handlungen, die als unrecht empfunden werden, im Umkehrschluss ins Recht gesetzt zu sehen. Wer unfair behandelt wird – von Kolleg:innen, von Vorgesetzten, von der Welt -, wird vor einer höheren Instanz zum Gerechten, wie Heilige. So kann man zugleich unterlegen und moralisch siegreich sein.

 

Daher lässt sich Meckern, auch wenn es vorgibt, Kritik zu sein, vor allem am Unwillen erkennen, auf Vorschläge einzugehen. Durch deren Annahme käme Verantwortlichkeit ins Spiel, die oft nicht nur anstrengend wäre (man muss tatsächlich etwas tun), sondern oberdrein das doppelte Spiel des Opfersiegers in Frage stellt. Daher reagieren Meckernde instinktiv mit Unmöglichkeitserklärungen, statt Chancen zur Veränderung zu sehen: „Das kann nicht funktionieren.“ / „Das habe ich schon vor Jahren versucht.“ / „Ach, darauf würde er gar nicht hören.“

Katze Meckern

Warum nicht. | Foto: T-Rex | Freepik.com

Anders als beim Dampfablassen ist Meckern nicht darauf angelegt, post factum zu verpuffen. Es muss fortlaufend erneuert werden, da es imaginär Beziehungen stabilisiert. Nicht selten geschieht diese Erneuerung durch ein ausdrückliches Schweigen: „Ich habe jeden Kontakt zu ihr angebrochen.“ / „Darüber rede ich einfach nicht mehr.“ Der Dialog wird als Ganzes vermieden, um der Widerlegung aus dem Weg zu gehen.

 

In der Regel ist Meckern kein Charakterfehler – wenn es überhaupt sinnvoll ist, von so etwas auszugehen. Vielmehr wird es oft zur letzten Zuflucht, wenn Versuche zur Kritik wiederholt gescheitert sind. So kann eine eingefleischte Meckerkultur in Unternehmen ein Zeichen dafür sein, dass psychologische Sicherheit fehlt, die Kommunikationsgepflogenheiten es also nicht erlauben, angstfrei Gefühle oder die eigene Meinung auszudrücken.

 

Diese Situation lässt sich ändern. Je nach Ausmaß der Eskalation, also der Häufigkeit und Grabentiefe der Meckerpraxis, lassen sich verschiedene Prozesse und Strukturen einführen, die es systematisch erleichtern, die Vorteile des Meckerns aufzugeben zugunsten einer offenen, bedürfnisorientierten Zusammenarbeit.

 

Im Zentrum dieses Miteinanders steht konstruktive Kritik. Sie besteht darin, Unterscheidungen vorzuschlagen, die gemeinsam auf gute Lösungen zielen. Dieser Prozess beruht auf jener grundsätzlichen Augenhöhe, die zur Basis nachhaltig guter Zusammenarbeit gehört. Jener Augenhöhe, die wir mit Umsicht, Methode und Geduld gegen das Geltungsgerangel verteidigen müssen, das, leider, eine natürlich Tendenz von Gruppen ist.

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