Wie wir von Piloten lernen können, mit Ungewissheit umzugehen

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Gespräch und haben das leichte, ganz unbestimmte Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist. Was machen Sie? – In der Regel unternehmen wir in solchen Fällen nichts. Wir machen weiter, bis das Gefühl verschwindet. Wird schon nichts gewesen sein.

Unter Piloten gibt es für solche Situationen ein Wort. Es heißt „Leemers“. So ein kleiner, unbestimmter Verdacht kann in der Luftfahrt lebensrettend sein. Um ihn auszusprechen, hilft das Wort. Wofür wir eine Bezeichnung haben, das sehen wir schneller, erkennen wir klarer und das packen wir eher an. Begriffe können Eindrücke bündeln, die wir sonst übergehen, und damit praktisch machen.

Ein Beispiel. Seit einigen Jahren nennt man die Atmosphäre, in der es möglich ist, angstfrei die eigene Meinung zu äußern „psychologische Sicherheit“. Dieser Begriff, unterstützt von neuerer Forschung, hat greifbar gemacht, was für eine offene, produktive Lernkultur erforderlich ist: Wir reden offen im Team. Niemand verdreht die Augen, belächelt oder verurteilt uns. Das Phänomen der psychologischen Sicherheit existierte zwar schon vorher, aber erst der Begriff hat es auf den Punkt gebracht.

Ein weiteres Beispiel. Unsere Neigung, negative Informationen schneller wahrzunehmen, stärker zu gewichten und uns länger zu merken als vergleichbare positive oder neutrale, heißt Negativity Bias. Auch dieser Begriff fasst verstreute Phänomene zusammen und gibt diesem Zusammenhang einen Namen, den wir vorher eher geahnt haben. Er weist zugleich darauf hin, dass es sich um einen Bias, d. h. um ein Vorurteil handelt, dessen oft schädlichen Einfluss wir bei der Arbeit und im Privatleben berücksichtigen sollten.

Unser Tipp: Überlegen Sie doch einmal, welche Situationen an Ihrem Arbeitsplatz für Sie so ein Leemer sind. Oder für welche Situationen, für die es kein Wort gibt, sie gern eins hätten. Zum Beispiel im Meeting. Sie haben das unbestimmte Gefühl, die Sitzung dauert zu lange. Was wäre, wenn Sie im Team jetzt ein Wort dafür hätten? Vielleicht sogar ein lustiges. Was würde passieren?

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