wie man darum bittet, ehrlich, offen, aufrichtig oder authentisch zu sein

Sei oder nicht sei – wie man darum bittet, ehrlich, offen, aufrichtig oder authentisch zu sein

Sei oder nicht sei – wie man darum bittet, ehrlich, offen, aufrichtig oder authentisch zu sein

Wenn wir Feedback geben, kann es helfen, sich auf konkretes Verhalten statt auf Eigenschaften zu beziehen. Dies schafft Raum für Veränderung. Der Sachverhalt wird klarer, Bewertungen verschwinden und die Schwelle zur Annahme unangenehmer Botschaften sinkt. Doch Eigenschaften in Verhalten zu übersetzen, fällt oft schwer. Dies trifft besonders auf Wörter wie offen, ehrlich, authentisch und aufrichtig zu. – Was bedeuten sie genau und wie lässt sich das, was wir mit ihnen meinen, konstruktiv ausdrücken?

Ehrlichkeit

 

Situation: Wir bezweifeln, dass ein Kollege gestern im Büro war, obwohl er das Gegenteil behauptet. – Wie sprechen wir das an?

 

Wer den Wahrheitswert eines Sachverhalts entstellt, um andere zu täuschen, verhält sich unehrlich. Unsere Zweifel an der Ehrlichkeit dieser Person könnten wir im Gegenzug so ausdrücken: „Ich glaube dir nicht, was du sagst“ oder „Ich glaube, du lügst.“ Doch wir kommen in der Regel nicht weit, wenn wir anderen eine Lüge unterstellen. Dies ist schwerer Vorwurf, auf den die meisten mit starker Abwehr reagieren.

 

Die gleiche Botschaft können wir mit leiseren Tönen durch folgende Sätze vermitteln:

„Bitte sag mir die Wahrheit.“ (= sehr direkt, aber ohne das Trigger-Wort „lügen“)
„Bitte sag mir die ganze Wahrheit.“ (= etwas weniger direkt, da eine Teilwahrheit zugestanden wird, die gleichsam auf dem Weg zur ganzen ist)

 

Allerdings klingt in diesen Sätzen noch der Vorwurf der Lüge an. Im Idealfall sind wir daher weniger direkt und bitten um etwas Allgemeineres: um mehr Offenheit. Das wirkt im Gespräch meist am natürlichsten:

 

„Du kannst ganz offen sein. Bitte sagt mir, was Du …!“

„Ich brauche hier Offenheit. Hast Du gestern …?“

 

Offenheit

 

Situation: Wir glauben, dass unser Gegenüber mehr weiß, als er sagt. – Wie sprechen wir das an?

 

Wer offen ist, drückt alles aus, was er als relevant für die betreffende Sache hält. Dabei ist es möglich, zugleich ehrlich, aber nicht offen zu sein: Man könnte das, was man sagt, für wahr halten, aber eben nicht alles ausdrücken, was sachdienlich wäre. Die Äußerung ist absichtlich unvollständig. Wer die Offenheit einer anderen Person bezweifelt, könnte dies so ausdrücken: „Ich glaube Du hältst etwas Wichtiges zurück von dem, was du denkst.“ – Doch sollten wir unser Bedürfnis auch so ansprechen? Eher nicht. Auch die Unterstellung: „Du bist nicht offen zu mir“ klingt nicht sehr zielführend. Besser wäre es, auf das Verhalten hinzuweisen, das wir uns wünschen:

 

„Bitte sagt mir offen, was Du denkst“
„Ich brauche hier Offenheit. Gibt es noch etwas, das wichtig ist für …?“

sei oder nicht sei - cute cat

Warum nicht. | Foto: wirestock | freepik.com

Aufrichtigkeit

 

Situation: Wir glauben, dass ein Kollege tief im Inneren Zweifel an einer Entscheidung hat, obwohl er anderes behauptet. – Wie sprechen wir das an?

 

Aufrichtigkeit geht über Ehrlichkeit hinaus. Mit ihr bezeichnen wir, dass das, was jemand für richtig hält, einer gründlichen Prüfung der eigenen Motive oder Gefühle standhält. Einer unaufrichtigen Person werfen wir vor, sich mehr oder weniger bewusst selbst zu täuschen über ihr Denken. Wir meinen also: „Du bist nicht ganz ehrlich mit Dir selbst“ oder „Du machst dir etwas vor.“

 

Der Unterschied zwischen ehrlich und aufrichtig lässt sich an folgendem Satz verdeutlichen: „Ich bedauere das aufrichtig.“ Mit der Aufrichtigkeit des Bedauerns versichern wir, nicht nur höflich oder leichthin betroffen zu sein, sondern zutiefst und unter Einbeziehung unserer ganzen Person. Wir versichern, gründlich in uns gegangen zu sein. Hingegen klingt „Ich bedauere das ehrlich“ nicht zufällig schief: Die Umstände machen es überflüssig, die Wahrhaftigkeit unserer Aussage betonen zu müssen.

 

Wer die Aufrichtigkeit von jemandem bezweifelt, denkt: „Du glaubst dir (doch) selber nicht, was du sagst.“ Wobei wir durch das „doch“ die Bewusstheit der Selbsttäuschung betonen. So sollten wir allerdings nicht mit unserem Gegenüber reden. Vielmehr können wir auf folgende Weise um mehr Aufrichtigkeit bitten:

 

„Bist Du dir ganz sicher, dass es sich so verhält? Würdest Du nicht vielmehr sagen, dass …?“ [1]

 

Authentizität

 

Situation: Wir finden, dass eine Kollegin im letzten Meeting ihre Unsicherheit durch eine Direktheit überspielt hat, die ihr nicht entspricht. – Wie sprechen wir das an?

 

Wer sich authentisch verhält, handelt in Übereinstimmung mit dem eigenen Naturell. Oft leiden ansonsten ganz wunderbare Menschen darunter, dass ihr Verhalten als unauthentisch empfunden wird. Dies kann von inneren Schwierigkeiten herrühren, sich selbst, das heißt die eigenen Handlungsweisen oder Eigenschaften zu akzeptieren. Der tiefere Grund dafür liegt oft in hohen Ansprüchen der eigenen Person gegenüber oder im Wunsch, eher den Bedürfnissen anderer zu entsprechen als den eigenen. Wer unsere Authentizität bezweifelt, denkt: „Das bist nicht wirklich du“ oder „Dieses Verhalten passt nicht richtig zu dir“.

 

Nach mehr Authentizität sollten wir möglichst konkret und tastend fragen, also zum Beispiel so:

 

„Gestern in der Sitzung hab ich Dich als überraschend forscht erlebt. Ich hatte das Gefühl, das bist nicht wirklich Du. Wie ging es Dir da?“

 

Ob ehrlich, offen, aufrichtig oder authenisch – allen diesen Wörtern ist gemein, dass wir sie nicht direkt, das heißt durch Zuschreibung einer Eigenschaft verwenden sollten. Mit Wendungen wie „Sei ehrlich / offen / aufrichtig / authentisch!“ werden wir kaum auf offene Ohren treffen. Vielmehr lohnt es sich, das, was wir von unserem Gegenüber möchten, als Bitte um eine konkrete Handlung zu formulieren oder als Ausdruck eines Bedürfnisses, das uns wichtig ist. So erhöhen wir nicht nur unsere eigene Klarheit über die Sache, sondern verringern auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich andere vor uns verschließen, und erleichtern einen gemeinsamen, erfolgreichen Dialog.

[1] In der Regel ist es allerdings wenig aussichtsreich, nach mehr Aufrichtigkeit zu fragen. Menschen verbinden mit diesem gleichsam intimen Fehler einen Mangel an reflexiver Kompetenz oder Willensschwäche. Beides geben wir nur ungern zu, weder vor anderen, noch vor uns selbst – wodurch sich unsere Unaufrichtigkeit in einer weiteren Unaufrichtigkeit versteckt.

Titelbild by Berlin Alley & K

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